Zeit für frische Luft. Zeit für Rad fahren.
Ein Beitrag von Constanze Werdermann
Zahlreiche Rehamittel-Hersteller bieten mittlerweile verschiedene Therapieräder zum aktiven Fahren an. Hinzu kommen Reha-Buggys, die sich mit wenigen Schritten zu Fahrradanhängern umrüsten lassen, und Lastenräder, die einen Rolli vorne dranklemmen können. Diese Gefährte ermöglichen dann unseren besonderen Kindern die Teilhabe an Radtouren. Wir von FiNiFuchs haben uns mal umgehört und umgeschaut.
Lastenfahrrad
Rollfiets – das holländische Lastenrad gibt es mit einem Rollstuhl zum Dranhängen vorne. Der Rollstuhlfahrer genießt einfach die frische Luft, die ihm entgegenweht, und lässt sich chauffieren. Für flache Landschaften ist dieses Rad ein Traum. „Die Gangschaltung zwischen den Beinen bei diesem Modell und der große Wendekreis waren etwas gewöhnungsbedürftig, aber der konstant mögliche Blick auf meine glückliche Tochter lässt mich beim Fahren total entspannen“, sagt uns Petra (Name wurde von der Redaktion geändert). Unterwegs ein Eis essen – kein Problem. Der Rollstuhl vorne lässt sich in wenigen Sekunden abkoppeln und ist dann eben ein normaler Rolli. Leider hat das Rollfiets keine Hilfsmittel-Verordnungsnummer und wird daher nicht von der Krankenkasse übernommen. Es lohnt sich aber ein Blick auf den Gebrauchtmarkt.
Therapieräder
Michelle und Raphael haben ein Therapierad. Therapieräder sind im Unterschied zu herkömmlichen Rädern häufig Dreiräder mit allem nötigen Zubehör – von Rückenlehnen über Rumpf- und Fußhalterungen bis hin zu Schiebehilfen für den Start und vielem mehr. Sie bieten Stabilität und viele Extras, die besondere Kinder benötigen, um das Fahrradfahren lernen zu können. Die Hersteller Haverich und Schuchmann bieten zum Beispiel solche Therapieräder an.
Was sollte man bei der Beantragung eines Therapie- oder Dreirades beachten?
Anne Peteranderl, langjährige Ergotherapeutin im renommierten Behandlungszentrum Aschau, rät: „Wichtig ist, sich an Therapeuten und ein Sanitätshaus zu wenden, die Erfahrung bei der Versorgung mit Fahrrädern haben. Hier sollte eine ausführliche Austestung erfolgen, um festzustellen, welches Fahrrad mit welchem Zubehör das Kind benötigt.
Des Weiteren muss mit den Eltern abgeklärt werden, in welchem Umfeld das Fahrrad genutzt wird. Wohnt die Familie beispielsweise in einer Gegend mit vielen Hügeln, könnte ein E-Antrieb sinnvoll sein. Sind die Hände kräftig, kommt ein Handbike in Frage. Oder möchten die Eltern größere Fahrradtouren machen? Dann benötigen sie eine Eltern-Kind-Tandemkupplung (z. B. FollowMe). Außerdem müssen die Eltern über den Eigenanteil von etwa 200 bis 250 Euro informiert werden. All diese Dinge sollten unbedingt vorher besprochen werden.“
Reha-Buggys werden zu Fahrradanhängern
Emma aus Österreich liebt die rasanten Fahrten über Stock und Stein mit ihrer Familie. „Das macht ihr sehr viel Spaß – je schneller, umso besser“, verrät uns ihre Mama.
Als Fahrradanhänger bieten sich Reha-Buggys mit Fahrraddeichsel an. Folgende Reha-Buggys bieten die Möglichkeit, eine Fahrraddeichsel (meistens gar nicht so teuer) mit wenigen Handgriffen zu montieren und somit einen Fahrradanhänger mit idealer Sitzeinheit für unsere Kinder daraus zu machen: Der gängigste ist sicher der Kimba Cross von Ottobock. Es handelt sich dabei um das „Cross“-Untergestell zum Kimba Neo. Dazu gibt es auch eine passende Deichsel.
Besonders stabil und geländetauglich ist der Kangoo von Bogetec – ebenfalls mit Deichsel erhältlich. Hervorzuheben ist, dass es als Verbindung zum Fahrrad statt der herstellereigenen Kupplung auch eine Weber-Kupplung gibt. Mit ihr werden die meisten normalen Fahrradanhänger montiert. Alle, die vorher also einen „normalen“ Kinderanhänger genutzt haben, können sich also die neue Kupplung sparen – eine Ausgabe weniger. Das Gleiche gilt für den Josi-Wismi von John. Ihn gibt es obendrein in richtig knalligen Farben.
Die meisten Fahrradanhänger sehen sperrig aus, sind aber einfach zusammenfaltbar. Falls er auch mal ins Auto oder in den Aufzug passen soll, sollte man die Maße unbedingt vor dem Kauf kontrollieren.
Ein Nachteil von Fahrradanhängern ist, dass man den Insassen nicht konstant im Blick hat, also beispielsweise epileptische Anfälle womöglich nicht mitbekommt. Zudem hat ein Fahrradanhänger einen anderen Schwerpunkt als ein Buggy – er müsste eigentlich niedriger sein und ist zudem sicherheitsrelevant für die Stabilität bei der Fahrt über unwegsames Gelände oder für rasantere Touren, wenn es um Kurven geht. Es lohnt sich also, darauf zu achten, ob man den Schwerpunkt tieferlegen kann. Die Sitzeinheit ist z. B. beim oben erwähnten Kangoo höhenverstellbar.