Svenja überholt alle Zweifler – Das Glück auf vier Rädern
Ein Kinderwunsch ist ein spannendes, aufregendes, aber auch heikles Thema und nicht immer einfach. Ein Kinderwunsch mit Spinaler Muskelatrophie (SMA) ist nochmals um einiges aufregender. Als dieses Thema bei meinem Mann und mir aufkam, haben wir zunächst viele verschiedene Gespräche mit Ärzten, Ämtern usw. geführt. Leider war es schwieriger als gedacht, Erfahrungswerte zu sammeln, da bei jedem die Krankheit anders ausgeprägt ist. SMA ist autosomal-rezessiv vererbbar, was bedeutet, dass das Kind die Krankheit nur bekommen kann, wenn beide Elternteile Träger der Krankheit sind. Glücklicherweise ist mein Mann kein Träger und somit konnte ein Vererben der Krankheit ausgeschlossen werden.
Als wir den positiven Schwangerschaftstest in den Händen hielten, haben wir uns riesig gefreut und zur Sicherheit noch ganz viele weitere gemacht. Es war ein aufregendes Gefühl, wir hatten uns für diesen Weg entschieden, aber dann war es doch so endgültig. Ängste kamen in mir auf, wie ich die Schwangerschaft meistern werde. Und wie würde es mir gesundheitlich danach gehen? Wie würde es dem kleinen Wunder ergehen? Aber trotz unendlich vieler Sorgen hatte ich ein supergutes Bauchgefühl.
Es Familie und Freunden zu erzählen war ein wunderbares Gefühl, die Freude war meist riesig und ich spürte, dass auch diese mir es zutrauen. Natürlich habe ich auch im weiteren Bekanntenkreis negative Erfahrungen gemacht. Eigentlich war ich darauf gefasst, dass einige skeptisch reagieren würden, aber dennoch sind solche Aussagen und auch Vorurteile verletzend.
Schwangerschaft im Rollstuhl? – Wie geht denn das?
Was? Schwangerschaft im Rollstuhl? – Verantwortungslos!
Wird dein Mann zu Hause bleiben oder kommt das Kind direkt in die Kita?
Hast du denn Unterstützung?
Wie willst DU dich denn um dein Kind kümmern können? Du kannst mit deinem Kind doch nicht mal auf den Spielplatz!
Wieso soll ich keine gute Mutter sein, nur weil ich mit meiner Tochter nicht aufs Klettergerüst klettern kann? Ich werde immer für meine Tochter da sein und sie zum Lachen bringen. Wir werden tolle Ausflüge unternehmen und unfassbar schöne Dinge erleben. Bedingungslose Liebe ist das Wichtigste von allem und dies konnte ich ihr schon im Bauch zeigen.
Ganz viel Zuversicht hat mir unser kleines Wunder im Bauch gegeben, denn sie hat mir eine wunderschöne Schwangerschaft bereitet. Natürlich gab es die einen oder anderen üblichen Wehwehchen, aber das ist nicht der Rede wert. Es hat alles so super funktioniert! Bis zum Schluss konnte ich meine Selbstständigkeit beibehalten, natürlich unfassbar viel langsamer als sonst, aber das ist ja auch egal. Mein größtes „Problem“ waren die Wassereinlagerungen in den Beinen, am Ende der Schwangerschaft habe ich nur noch in die Schuhe meines Mannes gepasst.
Trotz des geplanten Kaiserschnitts hatte ich mir gewünscht, dass die Kleine sich ihr Geburtsdatum selbst aussucht. Für die Geburt hatte ich eine große Uniklinik gewählt, so dass sämtliche Ärzte für den Notfall vorhanden sind. Vorab wurden der Kaiserschnitt und die PDA direkt mit den Ärzten besprochen. Somit hatte ich ein gutes Gefühl, als unsere Tochter sich vier Tage vor dem geplanten Kaiserschnitt auf den Weg gemacht hat und in der 39. Schwangerschaftswoche kerngesund zur Welt kam.
Ein Baby in den Armen zu halten, direkt nach der Geburt, ist ein unfassbares und unbeschreibliches Gefühl. Man kann es nur wiederholen: Es ist einfach ein Wunder. Viel schneller als gedacht haben wir uns in den Familienalltag eingelebt. Während der Schwangerschaft hatten wir uns so viele Gedanken darüber gemacht, wie der Alltag wohl werden wird und welche Hilfsstrategien ich wohl benötige. Letztendlich, würde ich sagen, war es am besten, die Situation abzuwarten und dann genau sehen zu können, was in meinem Fall am besten passt. Verschiedene Hilfsstrategien haben wir entwickelt, wie etwa, dass der Laufstall unterfahrbar ist und wie ein Tor geöffnet werden kann. Zusätzlich habe ich auch ein Stillkissen auf den Schoß gelegt und mit einem Band am Rücken zugebunden, so dass ich mit unserer Maus sicher durch die Gegend rollen konnte.
Mittlerweile sind wir ein super eingespieltes Team und die kleine Maus weiß ganz genau, dass ich nicht alles wie der Papa mit ihr machen kann. Sie nimmt einfach Rücksicht auf mich und ist beispielsweise beim Wickeln viel ruhiger als bei anderen Personen.
Spazierengehen mit dem Rollstuhl finde ich oft schon so anstrengend, aber das Spazierengehen mit Rollstuhl und Kinderwagen stellt mich vor eine unlösliche Herausforderung. Unfassbar viel habe ich recherchiert, ob es nicht irgendwelche Aufsätze gibt, und bin leider nicht fündig geworden. Da ich ein Segway als Rollstuhl habe, ist dies für mich die einzige Möglichkeit, mit ihr spazieren zu gehen. Durch die Verlagerung des Gleichgewichts kann ich Gas geben und bremsen. Dazu einen Kinderwagen zu schieben ist nicht gerade einfach, aber auf ebenen Wegen machbar. Einen kurzen Spaziergang zu machen habe ich mich auch schon einmal ganz alleine getraut und es hat super geklappt, wir waren super langsam, aber sind allein eine Runde spazieren gegangen.
Natürlich gibt es Dinge, die bei mir im Alltag anders funktionieren. Leider bedeutet das für viele direkt, dass nichts funktioniert und ich mich gar nicht um mein Kind kümmern kann. Mit eigens entwickelten Techniken kann man so viel meistern. Ich würde mir mehr Akzeptanz von Außenstehenden wünschen und auch, dass nicht alles immer direkt (negativ) bewertet wird.
Um einen Austausch mit Eltern mit einer Behinderung zu finden, habe ich einen Instagram-Account eröffnet. Mein Ziel ist es, Inklusion voranzutreiben und Menschen ohne Behinderung die Hemmungen zu nehmen, damit man einfach „normal“ miteinander umgehen kann. Gerade jetzt als Mutter mit einer Behinderung möchte ich zeigen, dass wir eine ganz besondere, aber doch normale Familie sind.
Ich kann mit unserer Maus zwar kein Wettrennen machen oder auf ein Klettergerüst klettern, aber ich verspreche ihr, dass sie immer eine lächelnde Mama hat, die alles dafür gibt, dass die Maus glücklich ist. Bedingungslose Liebe ist das Wichtigste für das Kind – ganz egal, ob du nur einen Arm hast oder ob du sehen, hören oder laufen kannst.
Schaut doch einmal unter svenjas.welt bei Instagram und begleitet mich in meinem Alltag.
Text und Foto: privat