Mein erster Tauchgang im Rollstuhl

Tauchen für Menschen mit Behinderung

Hallo, mein Name ist Justin Blum, und vielleicht kennt man mich schon aus dem Bericht, den meine Mutter in einer der vorherigen Ausgaben geschrieben hat.

Tauchen für Menschen im Rollstuhl

Jedoch möchte ich mich nochmal kurz vorstellen.

Ich bin Justin, 20 Jahre alt und vor vier Jahren mit dem Motorrad verunglückt. Seitdem sitze ich mit einer Querschnittslähmung im Rollstuhl, spiele Tennis und studiere Medizin.

Seit zwei Jahren fahre ich mit meiner Familie an die Ostsee in den Campingurlaub. Dort habe ich zum ersten Mal erfahren, dass es einen Tauchlehrer gibt, der mit Handicap-Personen tauchen geht. Das fand ich sehr interessant, denn trotz des Querschnitts bin ich immer noch sehr aktiv. Kurzerhand lernte ich Peter, Tina und Kevin Lange kennen und mir wurde das Angebot gemacht, in deren Tauchschule einen Kurs zum Schnuppertauchen zu absolvieren.

Tauchen für Gehbehinderte

Leider konnte dieser wegen gesundheitlicher Probleme nicht stattfinden; daher haben wir ihn auf dieses Jahr verlegt. So trafen wir uns im Juli zum Tauchen. Bevor es ins Wasser ging, wurde mir die ganze Ausrüstung erklärt sowie die Kommunikation unter Wasser. Ich muss sagen, bei der Einführung war ich gar nicht so nervös wie gedacht. Ein bisschen flau im Magen war mir schon, da ich seit meinem Unfall nicht mehr im Wasser war, aber sonst ging es wirklich. Früher war ich aktiver Rettungsschwimmer bei der DLRG und ich habe das Wasser geliebt. Nun wusste ich nicht genau, wie ich das Wasser einschätzen soll.

Wir gingen gemeinsam mit der Ausrüstung ins Schwimmbad. Dort angekommen wurde ich in einem speziellen Rollstuhl ins Wasser gehoben, bis ich langsam von ihm abtrieb. Peter hat mich dann zu sich geholt und mich zur Gewöhnung erst einmal auf das Wasser gelegt und ein bisschen bewegt. Auf sein Geheiß wurde ich dann von der Rückenlage auf den Bauch gedreht, um mich an das Atmen unter Wasser zu gewöhnen. Es war wirklich ein freies Gefühl, auf dem Wasser zu treiben. Mithilfe von Gewichten an dem Tarierjacket wurde ich dann auf den Grund des Beckens gelegt. Peter schwamm neben mir und nach einer kurzen Zeit zeigte er auf einen Ring am anderen Ende des Beckens, wo ich nun hindurchtauchen sollte.

Barriere freier Tauchkurs

Ob das klappte? Und wie. Ich bin einfach mit der Kraft meiner Arme durch den Ring hindurchgetaucht. Ich habe mich unter Wasser so frei und wohl gefühlt, dass ich kurzzeitig die Bindung an den Rollstuhl vergessen habe. Wir drehten dann ein paar Bahnen im Becken, bis ich mich dann auf den Rollstuhl am Grund setzen sollte. Peter warf mir dann immer wieder einen kleinen Torpedo unter Wasser zu, damit ich mich nicht mehr so auf die Atmung konzentriere und den Tauchgang einfach genießen konnte.

Das Tolle war, dass mein Vater sich in der Zeit auch eine Taucherausrüstung angelegt hatte und mit mir zusammen tauchen konnte. Wir haben dann noch ein paar Runden gedreht, bis ich merkte, dass mir kalt wurde, und so bin ich dann aus dem Wasser geholt worden. Wieder in der Tauchschule zurück überreichte mir Peter dann die Urkunde für den Schnupperkurs, den ich erfolgreich abgeschlossen hatte. Somit ging ein wirklich sehr schöner Tag mit einer mega neuen Erfahrung für mich zu Ende.

Tauchen für körperlich Behinderte

An dieser Stelle möchte ich nochmals der Familie Lange danken dafür, dass sie mir dieses Erlebnis möglich gemacht hat, und kann jedem nur empfehlen, tauchen zu gehen, auch wenn man wie ich im Rollstuhl sitzt. Geht nicht gibt’s nicht – und man wird es auf keinen Fall bereuen. Das Gefühl von Freiheit und Schwerelosigkeit ist einfach unfassbar. Ich freue mich schon auf meinen nächsten Urlaub und hoffe, dass wir dann auch mal im Meer tauchen können.

Tauchlehrgang für körperlich Eingeschränkte

Steckbrief

Peter Lange ist Herausgeber verschiedener Publikationen, u. a. Magazin Momo – Mobilität · Motion & Barrierefrei und handicap.life.
Er ist Fachexperte bei der Stiftung MyHandicap sowie Handicap-Tauchlehrer.

„Handicap-Diving ist anders und geht besser. In dem Beitrag spiegelt sich wider, dass es beim Tauchen mit Menschen mit Behinderung darauf ankommt, sich autark unter Wasser zu bewegen. Sie bestimmen die Richtung und die Geschwindigkeit. Meine Aufgabe als Tauchlehrer ist es, den Taucher dabei zu unterstützen und nicht von hinten an der Flasche gehalten durch das Wasser zu schieben und mit vereinbarten Klopfzeichen auf den Hinterkopf zu fragen, ob alles okay ist. Ich möchte den Menschen beim Tauchen in die Augen sehen und möchte mich mit international anerkannten Unterwasserzeichen verständigen, das hat etwas mit Respekt und Wertschätzung gegenüber dem Rollifahrer zu tun, „so Peter Lange

Es geht auch anders und besser, siehe Video

Text und Foto: Justin Blum & Peter Lange