EMMA – zeigt ihrer Behinderung die Stirn und rollt positiv durchs Leben
Wir sind eine fünfköpfige Familie und leben in einem kleinen, überschaubaren Ort im schönen Rheinhessen. Emma ist im September 2014 als gesundes kleines Mädchen schnell und unkompliziert zur Welt gekommen. Einen Monat vor ihrem zweiten Geburtstag erkrankte ihr großer Bruder, der drei Jahre älter ist, an einer Lungenentzündung, die in der Kinderklinik behandelt werden musste. Einen Tag, nachdem er entlassen wurde, musste auch Emma wegen einer Lungenentzündung in der Klinik behandelt werden. Nachdem einige Tage im Krankenhaus vergangen waren und es ihr wieder besser ging, konnte sie plötzlich innerhalb weniger Stunden ihre Beine nicht mehr bewegen und hatte große Schmerzen, wenn sie auch nur leicht berührt wurden. Nach unzähligen Untersuchungen und vielen Schmerzen, die sie erleiden musste, konnte noch immer nicht festgestellt werden, woran sie tatsächlich erkrankt ist. Ein atypisches Guillain-Barré-Syndrom oder ein polioähnliches Virus stehen bis heute noch im Raum.
Nach sechs Wochen Krankenhausaufenthalt ging es direkt als Liegendtransport in eine Rehaklinik am Bodensee. Emma konnte sich zu diesem Zeitpunkt nicht im Liegen von Rücken- auf Bauchlage drehen, geschweige denn ohne Hilfe aufrecht sitzen. Für uns alle war diese Zeit eine sehr schwere. Von jetzt auf gleich konnte sie nicht mehr laufen. Solch ein Schicksal zu verarbeiten war für uns alle nicht einfach. Noch heute ist es in manchen, zum Glück seltenen, Situationen schwer. Auch Emmas Psyche hatte durch die unzähligen Untersuchungen einen Knacks abbekommen. Sie hatte Schwierigkeiten, außer ihrer Familie anderen Personen und vor allem Ärzten zu vertrauen.
Nach drei Monaten täglichen fleißigen Trainings, schaffte es Emma, in den Vierfüßler zu kommen und einige wenige Meter zu krabbeln. Diesen wunderbaren Moment, sie das erste Mal krabbeln zu sehen, werden wir nie vergessen.
Die Rehaklinik schaffte es gemeinsam mit Emma in sechs Monaten, nicht nur physisch Fortschritte zu erreichen, sondern auch ihre fröhliche und offene Art konnte sie wieder zurückerlangen.
Durch den Zusammenhalt der ganzen Familie konnten wir gemeinsam diese Zeit bewältigen. Was uns damals nicht bewusst war, war, welche Herausforderungen, Aufgaben und auch Folgeerkrankungen entstehen bzw. entstehen könnten, wenn man ein Handicap wie dasjenige Emmas hat. Im Laufe der wenigen Jahre mussten bei Emma bereits mehrere Operationen durchgeführt werden. Durch Wachstumsschübe und das viele Sitzen mussten bei ihr X-Beine und Sehnenverkürzungen in der Hüfte und im Fuß behoben werden.
Die Kindergartenzeit im örtlichen Regelkindergarten war für Emma eine schöne Zeit – für uns als Eltern aber eher eine Berg- und Talfahrt.
Heute besucht sie die erste Klasse in der örtlichen Regelgrundschule. Sie geht sehr gerne dorthin und hat auch viele Freunde, worüber wir sehr froh sind. Kinder haben solch eine schöne offene und unbeschwerte Art, von der sich manch ein Erwachsener ein Scheibchen abschneiden könnte. Es ist für alle ganz selbstverständlich, dass Emma eben ihren Rollstuhl braucht, um sich fortzubewegen. Und wenn der Rollstuhl mal beim Spielen hinderlich ist, denken sich alle schnell ein neues Spiel aus.
Mit dem täglichen Steh- und Gehtraining sowie zwei- bis dreimal Physiotherapie in der Woche ist es neben dem Schulalltag oft zeitlich schwierig für Emma, sich noch mit Freunden zu verabreden. Nichtsdestotrotz versuchen wir, ihr alles zu ermöglichen. Sie geht sogar in das örtliche Kinderturnen und -tanzen. Auch hier wird alles ganz selbstverständlich für sie angepasst, was uns wirklich sehr freut.
Trotz aller Strapazen, die sie in ihrem jungen Leben bereits erfahren musste, ist sie ein selbstbewusstes, offenes und fröhliches Mädchen, und wir sind uns sicher, dass sie ihren Weg gehen wird.
In der vergangenen Ausgabe von Momo (12/2021) haben wir über den Wheelchair Skills Day in Köln berichtet, hier hat auch Emma teilgenommen.
Text und Fotos: Fam. Elsheimer