Cool im Ruhestand

Kann ich. Mach ich. Will ich.

Vielleicht kennen auch Sie, die Werbung, in der ein „cooler Ruheständler“ sein Motorrad wieder flottmacht, um anschließend mit seiner Enkelin eine Tour zu unternehmen? In liebevoller Kleinarbeit wird das Motorrad repariert und geputzt.

Der Begriff „cool“ stammt aus dem Englischen, bedeutet „kühl, frisch“ und meint nach Oxford Languages so viel wie „[stets] die Ruhe bewahrend, keine Angst habend, nicht nervös [werdend], sich nicht aus der Fassung bringen lassend; kühl und lässig, gelassen“.

Wie cool Menschen im Ruhestand sein können, ist immer von der jeweiligen Betrachtungsweise abhängig. Was für eine Person noch cool ist, ist für eine andere schon längst uncool. Daher sollte man bei einer subjektiven Bewertung immer „das Ganze betrachten“. Für die eine oder den anderen ist „das Coole“ eine Art Befreiungsschlag. Wie passend dazu ist doch Folgendes: „Du bist aber komisch geworden.“ – „Nein, ich habe nur angefangen, nach meinen Regeln zu leben, anstatt nach Deinen.

Kommt Ihnen bekannt vor? In einer Gesellschaft, die stark werteorientiert ist und in der gegenseitige (Lebens-)Vergleiche an der Tagesordnung zu sein scheinen, zeichnet es den eigenen Charakter aus, wenn man das tut, was einem Spaß, Freude und Genuss bringt. Immer in dem Wissen, anderen damit nicht zu schaden.

„Wenn das Adrenalin durch den Körper schießt und man das Gefühl hat, dass das Herz für einen Moment stehen bleibt und sich im nächsten Moment ein glückseliges Gefühl des ‚Wow, ich hab es tatsächlich getan‘ einstellt.“ So beschreibt es Ada*, die mit sage und schreibe 84 Jahren einen Zipline-Flug über die Rappbode-Talsperre machte.

„Echt beeindruckend“, „im Geist wohl immer jung“, „absolute Ausnahmeerscheinung“ und „aufregende Frau“ – das waren nur einige Kommentare nach ihrem Flug. Und hätte Ada später als Beifahrerin nicht einen unverschuldeten Autounfall gehabt, so hätte sie sich sicher auch ans Bungee-Jumping herangewagt.

Als jahrzehntelang leitende Angestellte genießt Ada im hohen Alter das Gefühl von Freiheit, Unabhängigkeit, Lässigkeit – ganz nach dem Motto „Träume können wahr werden“. Aus ihr spricht aber auch die Vernunft und so informiert sie sich vorab umfassend, bevor es auf ins nächste Abenteuer geht. Es ist kein Geheimnis, dass der menschliche Körper ab einem gewissen Alter nicht mehr so leistungs- und widerstandsfähig ist wie in jungen Jahren.

Und versagen kurz vor Verwirklichung des Traums doch einmal Mut und Entschlossenheit mit der Folge, dass man es nicht wagt, so ist das ebenso ein Zeichen von „Coolness“ (= Coolsein). Bewahrt man doch trotz der Reaktionen der Umfeld Contenance und zeigt Größe, weil man auch Schwäche zulassen kann. Wie heißt es schließlich so schön:

„Gelassenheit ist die Kunst, in der gegenwärtigen Situation schon den Abstand zu gewinnen, den sonst erst die Zeit schafft.“ (Unbekannt)

Claudia Egert

*Name von der Redaktion geändert

Fotos: SB Arts Media_shutterstock.com, pexels.com