Caro zeigt, wie Leben mit MS geht
Caroline Régnard-Mayer, alleinerziehende Mutter und Autorin, navigiert seit beinahe zwei Jahrzehnten durch das Leben mit Multipler Sklerose (MS). In einem offenen und eindringlichen Gespräch gibt sie uns einen Einblick in ihre Kämpfe und Triumphe, von den ersten Symptomen bis zur Anpassung an ein Leben mit dieser chronischen Erkrankung. Caro ist nicht nur eine Quelle der Inspiration, sondern auch eine Quelle an praktischem Wissen, besonders für die Generation Plus, die mit den spezifischen Herausforderungen von MS im fortgeschrittenen Alter konfrontiert ist.
Liebe Caro, du bist selbst an MS erkrankt und Bloggerin sowie Autorin mit Schwerpunkt MS. Was sollten unsere Leserinnen und Leser unbedingt von dir wissen?
Ich habe die Diagnose Multiple Sklerose (MS) 2004 erhalten; erste Symptome bekam ich bereits 1995 nach der Geburt meines ersten Kindes. Seit 22 Jahren bin ich alleinerziehende Mama; heute sind meine beiden Kinder erwachsen und ich lebe alleine in der schönen Südpfalz. Vor ca. 14 Jahren ist meine hochaktive schubförmige MS in den sekundär progredienten Verlauf übergegangen. In erster Linie verstehe ich mich beim Schreiben als MS-Betroffene und freue mich, durch meine Bücher und Social Media über den Austausch mit meinen Lesern und Leserinnen.
Du selbst bist über 50 Jahre alt (58) – was sind die Herausforderungen für die Generation Plus im Hinblick auf Multiple Sklerose?
Welche Tipps hast du für MS-Erkrankte, die der Generation Plus angehören?
Es gibt einige Herausforderungen, doch kommt es auch auf das Fortschreiten der Erkrankung und den Verlauf an. Da MS eine neurologische Erkrankung ist und das fortgeschrittene Alter hinzukommt, ebenso auch die Dauer der MS, gibt es bspw. körperliche Einschränkungen und Hilfsmittel werden öfters von Ü50-Patienten genutzt. Doch sollte man nie vergessen, dass Hilfsmittel auch Lebensqualität zurückgeben.
Außerdem sinkt die Aktivität des Immunsystems auch bei Gesunden im Alter und die Infektanfälligkeit kann steigen. Eventuell kommen auch weitere Gesundheitsprobleme dazu.
Viele Betroffene leben aufgrund von Trennung, durch den Auszug der Kinder oder den Tod des Partners alleine; hier sollte eine Neuorganisation im Alltag stattfinden. Hilfe suchen und annehmen – bereits in jungen Jahren sollte dies als Pluspunkt angesehen werden.
Die Generation Plus mit MS ist oft mit einer Verschlechterung bei der Muskelschwäche, Problemen mit der Koordination und mit dem Gleichgewicht konfrontiert, ebenso mit kognitiven Einschränkungen. Weniger Energie und eine schnellere Ermüdung sind einfach im Alter verstärkt, nicht nur bei MSlern. Um eine soziale Isolation zu vermeiden, empfehle ich gerne Selbsthilfegruppen und andere Stätten für einen Austausch mit Gleichgesinnten.
Ebenfalls sehr wichtig sind in meinen Augen eine regelmäßige medizinische Versorgung und Zugang zu Therapien. Hier kann ein Pflegegrad wichtig sein, um die eingeschränkte Mobilität finanziell zu unterstützen, etwa eine Haushaltshilfe oder Fahrten zum Arzt und Therapien.
Angehörige kommen nach jahrelanger Pflege auch an ihre Grenzen – deswegen ist eine Beratung z. B. bei einem Pflegestützpunkt eine gute Möglichkeit, um beim Alltäglichen und bei der Pflege Unterstützung zu finden.
Ein wichtiger Punkt, der beachtet werden sollte, ist eine gute Ernährung und Bewegung.
„Generation Plus“ ist ein vielschichtiges Thema, das je nach MS-Verlauf und individuell sehr variieren kann – hier stelle ich nur erste Möglichkeiten dar.
Hattest du Erfahrungen mit Diskriminierungen aufgrund deiner Erkrankung?
Zu der Zeit, als meine zwei Kinder klein waren, und auch später in der Schulzeit hatte ich keine Diskriminierung erlebt, nur konnte ich manches aufgrund eines akuten Schubs oder einer Verschlechterung nicht mitmachen. Das wurde immer akzeptiert und nach einer Lösung gesucht.
Heute erlebe ich eher solche Sätze: „Wie, du hast MS? Du siehst doch nicht krank aus“, „Was, du musst deinen Rolli mitnehmen? Du kannst doch noch laufen!“ (leider aber keine fünf Kilometer …), „Du solltest mal abnehmen“, „Du gehst schon wieder nach Hause? Schlaf dich doch mal richtig aus“ oder „Warum kannst du dir nicht die einfachsten Dinge merken?“
Über die Jahre habe ich mir ein dickes Fell zugelegt. Manche Bemerkungen schmerzen weniger als früher, bei manchen gebe ich eine passende Antwort und im günstigen Fall reagiere ich überhaupt nicht. Es ist mein Leben, meine MS und ich finde mein Leben gut, so wie es ist. Das ist das Wichtigste für mich.
Wo und wie können Leserinnen und Leser dich im Internet und in den Social Media finden?
Meine Leser finden mich über meinem Blog frauenpowertrotzms.de – dort kann man mir direkt eine Nachricht senden. Außerdem kann man mich bei Instagram finden. Dort schaue ich täglich vorbei, widme mich der MS-Aufklärung und schreibe Persönliches über mich und den Umgang und Erlebten mit der Erkrankung.
Fotos: privat und smart.art_shutterstock.com