Im Interview mit Nele Kiper
Liebe Frau Kiper,
die Leser:innen unseres Magazins „Momo – Mobilität · Motion & Barrierefrei“ freuen sich sehr, dass Sie sich Zeit für ein Interview mit uns genommen haben.
Sie sind eine sehr gefragte und vielbeschäftigte Schauspielerin und arbeiten sich intensiv in die anstehenden Rollen ein – das hört sich sehr aufwendig und anspruchsvoll an, zumal sie selbst zwei Kinder haben. Wie sieht denn hier Ihr Familienmanagement aus?
Ich sage immer: Wir spielen Tetris mit unseren Terminen! Es ist stets ein neues Organisieren und Absprechen, zumal unser Berufsleben ständige Spontanität erfordert. Bevor ich also zu einer Preisverleihung gehe, koche ich beispielsweise noch schnell Gemüsesuppe ein, und wenn ich dann spät abends heimkomme, wird noch die Wäsche aufgehängt. Mein Mann und ich teilen uns alle Aufgaben im Haushalt und mit den Kindern, je nachdem, wer wie viel Zeit hat. Ohne ein tolles und hilfsbereites soziales Netz aus Freunden und Familie wäre es für mich aber oft gar nicht möglich zu arbeiten.
Ihre Filmrollen machen eine aufwendige Vorbereitung nötig, 2013 absolvierten Sie sogar ein mehrwöchiges Stunt-Training. Wie schaffen Sie es, in Ihrer Freizeit runterzufahren, und womit beschäftigen Sie sich dann?
Der beste Ausgleich zu all dem Trubel sind natürlich meine Kinder. Sie erden mich, und Zeit mit ihnen macht mich glücklich. Darüber hinaus liebe ich die Natur, Musik und Sport. Aktuell habe ich ein sehr kontemplatives Hobby für mich entdeckt: Ich kann mich stundenlang mit Ahnenforschung beschäftigen, ich finde es hochgradig interessant, mehr über die Geschichten meiner Vorfahren zu erfahren.
Wir haben eine Tauchschule mit Schwerpunkt Handicap-Diving. Sie haben in der Vergangenheit auch eine Tauchausbildung zum Open Water Diver (OWD) gemacht. Finden Sie aktuell noch Zeitfenster, um diesen tollen Sport auszuüben?
Leider viel zu selten. Aber bei Dreharbeiten zum „Traumschiff“ durfte ich nach Palau in Mikronesien reisen, einem weltberühmten Hotspot für Taucher. Da ich eine Taucherin gespielt habe, haben wir sogar Unterwasseraufnahmen gemacht, ein echtes Highlight.
Sie engagieren sich für die SOS Kinderdörfer Düsseldorf und Essen. Gab es ein besonderes Ereignis, warum Sie sich für ein SOS Kinderdorf engagieren?
Vor einigen Jahren habe ich einen Piloten für eine Serie gedreht, in der es um häusliche Gewalt ging. In der Rollenvorbereitung habe ich mich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt, viel gelesen und Dokumentationen angeschaut. Ich war zutiefst erschüttert. Die SOS Kinderdörfer leisten auch im Bereich des akuten Schutzbedarfs für misshandelte Frauen großartige Arbeit. Darüber hinaus kenne ich persönlich jemanden, der als Kind vernachlässigt wurde. Die Person musste in Verwahrlosung leben, sich von gefrorenen Erbsen ernähren, bis das Jugendamt sie gerettet hat. Da kommen mir noch heute die Tränen, wenn ich darüber nachdenke. Ich hatte viel Glück, eine wunderschöne Kindheit; da ist es für mich selbstverständlich zu helfen, wo ich kann.
Mit unserer Publikation wollen wir Familien mit besonderen Kindern die Chance geben, uns sowie allen Betroffenen und Interessierten ihre ganz persönliche Geschichte zu erzählen. Gab es in Ihrem privaten oder beruflichen Umfeld Berührungspunkte mit Menschen, die eine Mobilitätseinschränkung haben?
Im Rahmen eines inklusiven Theaterprojekts habe ich eine Frau kennengelernt, die im Rollstuhl saß. Sie war am ganzen Körper gelähmt, konnte nicht sprechen. Später schrieb sie mir eine E-Mail mit dem einen Finger, den sie bewegen konnte, denn sie war geistig fit. Es hat mich sehr beeindruckt, dass sie trotz dieser massiven körperlichen Einschränkung Lebensfreude empfand und das scheinbar Unmögliche möglich gemacht hatte: Sie spielte mit in einem Theaterstück.
Was würden Sie unseren kleinen und großen Leserinnen und Lesern mit auf den Weg geben?
Seid selbstbewusst und mutig, auch wenn das manchmal nicht so einfach scheint. Glaubt an euch und eure Träume!
Herzlichen Dank für Ihre Worte.
Martina Lange
Info:
Nele Kiper ist ebenfalls zu sehen in:
DIE SCHULE DER MAGISCHEN TIERE Teil 3, dieser kommt am 3.10. in die Kinos, sowie
„Der gute Bulle-Heaven can wait“ auf ARTE und im Laufe des Frühjahres auch in der ZDF Primetime.
Fotos: ©Zaucke, Johannes Ritter, Arte/PR